Der neue Mietspiegel ist veröffentlicht worden und soll am 30. November im Gemeinderat verabschiedet werden: Er soll Mieterhöhungen von durchschnittlich 2,1 Prozent ermöglichen. Das hört sich moderat an. Doch auf dem Hintergrund, dass Freiburg bundesweit die Stadt ist, in der die Mieterinnen und Mieter mit durchschnittlich 44 Prozent den höchsten Anteil ihres Einkommens für Wohnen aufwenden müssen, und dass Freiburg zu den Städten mit der höchsten Mietsteigerung der letzten Jahre gehört, ist das viel. Insbesondere für Mieter mit besonders niedrigen Einkommen.
Der nun durch die Neuauflage abzulösende Mietspiegel hat in den letzten zwei Jahren zu Hunderten Prozessen geführt. Er „verführte“ ganz offenbar zu vielen Fehlauslegungen durch Vermieter, die vor Gericht nicht standhielten. Auch die Freiburger Stadtbau (FSB) musste so die Mehrzahl ihrer Mieterhöhungsverlangen nach unten korrigieren.
Der Bürgerinitiative Wohnen ist Menschenrecht (WiM) wurde die Teilnahme an Beratungen über den neuen Mietspiegel aus fadenscheinigen Gründen verweigert. Auch den hinzugezogenen Mieterschutzorganisationen (z.B. der Badische Mieterring Freiburg und der Badischer Mieterverein Regio Freiburg) wurden wichtige Randbedingungen von der Verwaltung diktiert, die grundsätzliche Änderungen des bisherigen Verfahrens nicht zuließen: An dem nach Meinung von WiM und Mieterverbänden ungerechten Verfahren der Erstellung des sog. „Qualitativen Mietspiegels“ durfte nicht gerüttelt werden. So ist es nicht überraschend, dass keine der wesentlichen Ungerechtigkeiten des alten Mietspiegels durch den neuen korrigiert wird.
Nach wie vor werden zur Ermittlung der Grundmieten nur Mieten berücksichtigt, die in den letzten 4 Jahren verändert – in Freiburg heißt das erhöht – wurden. Nach wie vor ermöglicht der Mietspiegel, dass z.B. bei Wohnungen unmittelbar beiderseits der Bahnlinie unterschiedliche Grundmieten angerechnet werden können (derzeit 17 Prozent), nur weil die östlichen als zu Herdern gehörig gewertet werden, die westlichen zur Beurbarung. Die Lärm- und Staubbelästigung haben beide uneingeschränkt.
Das Hauptproblem aber, dass Mieterinnen und Mieter die Mieten für ihre Wohnung bezahlen können müssen, ist nach wie vor nicht gelöst. Das lässt sich nicht durch einen Mietspiegel lösen, dazu müssen Mieter und Vermieter an einen Tisch. Dazu bedarf es beispielsweise eines Reich- und Armutsberichtes über die Freiburgerinnen und Freiburger, um Grundlagen für einen sozialen Ausgleich zu schaffen. Die Stadt darf bis dahin kein grünes Licht für weitere Mieterhöhungen geben. Insbesondere darf sie nicht mit ihrer FSB weiter an der Mietenspirale drehen, sondern muss beispielhaft einen Mietstopp verfügen. Kein Vermieter ist gezwungen, den Mietspiegel anzuwenden! In Frankfurt forderte selbst der Verband der Haus- und Grundbesitzer seine Mitglieder auf, bei Mieterhöhungen „zurückhaltend“ zu sein, um die Zahlungsfähigkeit der Mieter nicht zu überfordern.
Wohnen ist Menschenrecht e.V., 18.11.2010