In seiner Sitzung vom 3. Juli hat der Freiburger Gemeinderat mit den Stimmen der Grünen, CDU und Freien Wähler beschlossen, 946 Wohnungen des Amtes für Liegenschaften und Wohnungswesen (ALW) an die Freiburger Stadtbau GmbH (FSB) zum Kaufpreis von 53 Mio. Euro zu „übertragen“.
In den Wochen davor hatten wir die Mieterinnen und Mieter dieser Wohnungen zu vier Versammlungen eingeladen, auf denen sie sich über den geplanten Verkauf informieren und ihre Sorgen und Erwartungen zum Ausdruck bringen konnten. Im Mittelpunkt stand der unzumutbare Zustand vieler Wohnungen, an denen teilweise über Jahrzehnte hinweg keinerlei Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt worden waren. Viele Bewohner befürchteten, dass Häuser entweder weiterverkauft, abgerissen oder so teuer saniert werden, dass die Miete nicht mehr bezahlbar sein wird. In einem Brief an alle Gemeinderäte hatten sie daher gefordert, den dauerhaften Verbleib aller Wohnungen in städtischer Kontrolle abzusichern. Die Mieten sollten nicht zwanghaft an den Mietspiegel herangeführt werden, sondern bezahlbar und dem Zustand der Häuser angemessen sein. Die Fürsorgepflicht der Gemeinde hat Vorrang vor Gewinninteressen, betonten sie. Ferner wollten sie künftig ein Mitspracherecht für Mieterbeiräte haben und insbesondere bei erforderlichen Instandsetzungs- und Sanierungsmaßnahmen mitbestimmen. Die Sitzungen des Aufsichtsrates der FSB sollten künftig öffentlich sein, um die Transparenz von Entscheidungen zu ermöglichen.
Diese Forderungen wurden von den Gemeinderäten der Unabhängigen Listen voll und von denen der SPD teilweise übernommen und zur Bedingung für ihre Zustimmung zum Verkauf gemacht. Weil entsprechende Zusagen nicht erfolgten, haben sie dem Verkauf nicht zugestimmt. Auch die Grüne-Alternative-Freiburg und die FDP stimmten aus unterschiedlichen Gründen gegen den Verkauf.
Wie geht es weiter?
Das ALW erstellte eine Abschätzung über den Sanierungsaufwand für die nun übertragenen Wohnungen. Danach haben 276 Wohnungen nur einen geringen, 336 einen mittleren und 264 einen höheren Sanierungsbedarf. Bei 70 Wohnungen sei eine Sanierung nicht mehr „lohnend“. Erkundigen Sie sich beim ALW (hier die Liste (.pdf) bei Radio Dreyeckland), wie Ihre Wohnung eingestuft wurde. Vordringlich erforderlich erscheint uns:
- Ein Instandsetzungs- und Sanierungsplan. Der sollte innerhalb dieses Jahres erstellt werden. Dazu müssen die Bewohner der betreffenden Wohneinheiten hinzugezogen werden. Sie sollten umgehend aus Ihrer Mitte für Ihre Wohnungen SprecherInnen bestimmen, die diese Beratungen einfordern.
- Es muss hinterfragt werden, ob die angeblich nicht sanierbaren Wohnungen nicht doch in einen zumutbaren Zustand versetzt werden können, denn Neubau ist in der Regel weit teurer als Sanierung. Das jahrelange Aufschieben von eigentlich gesetzlich längst erforderlichen Instandhaltungen darf nicht auf Kosten der Mieter erfolgen – die haben sie mit der Miete über Jahre hinaus bereits finanziert!
- Sanierungen, die nach Gesetz auf die Miete umgelegt werden können, sollten möglichst Warmmieten-neutral erfolgen, d.h. die Warmmiete sollte hinterher nicht höher sein als vorher – nicht alles, was gesetzlich gemacht werden darf, muss auch gemacht werden!
- Umgehende Nachwahlen von Mieterbeiräten für die nun zur FSB gehörigen Wohnungen des ALW.
Die Mehrzahl der Mieterinnen und Mieter verfügen nur über geringe Einkünfte. Hier bleibt dem Gemeinderat nach wie vor die politische Verantwortung, seiner Fürsorgepflicht nachzukommen.
Wir werden Sie zu weiteren Mieterversammlungen einladen, wenn es uns oder Ihnen erforderlich erscheint.
So erreichen Sie uns: info |ät| wohnen-ist-menschenrecht.de oder www.wohnen-ist-menschenrecht.de
Übersicht: Gentrifizierung in Freiburg – Der Verkauf der ALW Wohnungen an die FSB